"Gehen Sie doch vor!"

Diana Wegener

© Jürgen Schindler

von Pastorin Diana Wegener, Claus-Harms-Kirchengemeinde Kiel


"Gehen sie doch vor!" Wie gerne höre ich diesen Satz, wenn ich mal wieder in der langen Schlange vor der Supermarktkasse stehe. Nur zwei, drei Dinge habe ich in der Hand. Beim Wocheneinkauf habe ich sie vergessen. Jetzt muss ich sie nur noch mal schnell vor dem Abendbrot holen. Und dann ist da vor mir jemand mit seinem vollen Einkaufswagen, schaut auf die paar Packungen in meiner Armbeuge und sagt: "Gehen sie doch vor. Sie haben ja nicht so viel."

Natürlich hätte ich auch klaglos gewartet, bis ich an der Reihe bin. Aber dieser kleine Satz freut mich jedes Mal. Gar nicht unbedingt, weil ich so ein paar Minuten früher fertig bin, sondern weil da jemand aufmerksam hingeschaut hat. Weil da einer nicht nur an sich und seinen Einkauf gedacht hat, sondern auch an mich. Einfach so.
Freundlich und rücksichtsvoll aufeinander zu schauen und miteinander umzugehen ist ja nicht unbedingt die Regel. Wir können alle auch ganz anders. Aber manchmal geschieht es eben doch. Da signalisiert mir jemand: "Auch, wenn ich dich gar nicht kenne, du bist mir trotzdem wichtig. Und zwar genauso viel, wie ich mir selbst."
Nächstenliebe. Dieses Wort klingt oft so übergroß und wichtig. Dabei fängt es im ganz Kleinen an. Zum Beispiel mit dem Satz: "Gehen sie doch vor. Sie haben ja nicht so viel."