Die Welt hochwerfen

Pastorin Birke Siggelkow-Berner

© Stefanie Rasmussen-Brodersen

von Pastorin Birke Siggelkow-Berner, Anschar-Kirchengemeinde Neumünster


„Wer es könnte, die Welt hochwerfen, dass der Wind hindurchfährt“ – vor über 60 Jahren schrieb Hilde Domin diesen Satz. Aus Deutschland ist sie vor dem Nazi-Regime geflohen, hat dann im Exil in der Dominikanischen Republik gelebt. Ihren Nachnamen wählt sie, die eigentlich Hilde Palm heißt, nach diesem Land. Unter ihm veröffentlicht sie ihre Gedichte, verarbeitet darin ihr Nachdenken über ein Leben in Zerrissenheit zwischen Heimat und Fremde, über Menschsein und Identität.

Mir fällt dieser Satz in diesen Tagen zufällig wieder in die Hand. So viel Sehnsucht in so wenigen Worten! Sehnsucht danach, dem Schweren, dem Festgefahrenen und allem Irrsinn etwas entgegenzusetzen. Diese Sehnsucht ist wohl zeitlos. Und doch kann ich sie besonders in diesen Zeiten nachempfinden. Ja, wer das könnte! Fast klingt Resignation darin: Das kann ja doch niemand. Doch der Satz selbst macht Luft. Allein die Vorstellung, die Welt hochzuwerfen, schafft Leichtigkeit. Wer das könnte, fragt Hilde Domin - und gerade dabei ist sie es, die den Anfang macht.

An diesem Wochenende ist Pfingsten. Christen feiern, dass es einen Wind gibt, der durch alles hindurchfährt. Der verwandelt und belebt. Der Kraft gibt und Neues beginnen lässt. Gottes Geist. Wer es könnte, diesem Geist unsere Welt entgegenzuwerfen! Klingt unmöglich? Vielleicht ist es ein Anfang, sich danach zu sehnen. Und sich vorzustellen, wie es wäre. All das Schwere in die Hand zu nehmen. Es mit Schwung in Bewegung zu setzen und darauf zu vertrauen, dass es sich verändern kann. „All eure Sorge werft auf ihn. Denn er sorgt für euch.“ Das rät schon der 1. Petrusbrief. Und vielleicht wird dann am Ende sogar möglich, was ein Gebet aus Westafrika in Worte fasst: „Ich werfe meine Freude wie Vögel an den Himmel.“ Ein Pfingstfest voller Kraft und Leichtigkeit wünsche ich Ihnen!