Frieden, was sonst?

Almut Witt

© Anna Leste-Matzen

von Pröpstin Almut Witt


Der 8. Mai ist ein markantes Datum. Namen gibt es viele für diesen Tag: Tag der Befreiung oder Kapitulation? Ende des Zweiten Weltkrieges oder schlicht Waffenstillstand? Es ist eine Frage der Perspektive, wie so oft.

Das Gedenken an dieses Ereignis geschieht in diesem Jahr unter besonderen Bedingungen, denn es ist wieder Krieg in Europa. Die Folgen spüren wir, wenn auch mittelbar. Wir erleben: wir sind Teil des Geschehens. Wir sind ein Teil der großen Gemeinschaft, die aufeinander angewiesen ist. Das fällt in guten Zeiten leicht. Jetzt ist und bleibt es eine Herausforderung.

Der Zweite Weltkrieg hat Krieg und Zerstörung gebracht in einem unfassbaren Ausmaß. Dazu gehört auch die unvorstellbare Tötung von Millionen jüdischer Menschen aufgrund eines systematischen und perfiden Antisemitismus.

Alles Geschichte?

Leider nicht. Und oft beginnt es scheinbar klein. Da werden Fensterscheiben im Sophienblatt 60 bespuckt, weil dort Plakate mit dem jüdischen 8-armigen Leuchter hängen in Erinnerung an unsere gemeinsame Geschichte. Es wird vor Menschen ausgespukt, die an einer Demonstration teilnehmen. Sie werden beschimpft, beleidigt und bedroht, weil sie Juden sind oder sich mit ihnen solidarisch zeigen. Und dass auch heute wieder jüdische Menschen, die ihren Glauben sichtbar leben, Angst haben, ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.

Ein Satz Jesu beeindruckt mich daher bis heute: „Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden möchtet!“. Wenn wir dies beherzigen, ist Frieden möglich, für alle.