Hoffnung als Lebenselexier

Beate Harder

von Pastorin Beate Harder, Friedensgemeinde Kiel


Anfang September sortieren sich Gefühle und Perspektiven neu: Der Sommer schwindet. Licht und Wärme haben über viele Wochen Freude und Kraft gespendet. Frühere Abende und aufkommender Morgennebel sind Anstöße, das Leben neu zu justieren. Denn die unausweichlich auf uns zukommende längere Dunkelheit und kältere Temperaturen erinnern uns auch an die Vergänglichkeit des Lebens. Sorgen wegen des Klimawandels, des Krieges in der Ukraine, der gesellschaftlichen Probleme infolge des Migrationsgeschehens und der politischen Lage kommen hinzu. Man muss sich also innerlich rüsten, um nicht einer Verzagtheit oder gar Resignation zu verfallen.

Die über Jahrhunderte gewachsene christliche Tradition kennt diese Gefühlslage. Deshalb wurde schon vor langer Zeit der ersten Septemberwoche ein zentraler Satz des Neuen Testaments zugeordnet: „Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ (1. Petrus 5,7) Bewusst Sorgen zu minimieren oder beiseite zu schieben und der Hoffnung auf Gott Raum zu geben, ist eine christliche Grundhaltung. Es tut gerade Anfang September gut, sich Zeit zu nehmen, den seelischen Haushalt aufzuklaren und allen Sorgen die Hoffnung auf Gott entgegenzusetzen. Alle Belastungen, auch die, die aus Krankheit und Unglück resultieren, werden aushaltbarer, wenn man zur Hoffnung zurückfindet. Die moderne Psychologie kennt für diesen Prozess der Neuausrichtung den Begriff Resilienz. Resilient oder resilienter zu werden, heißt Widerstandskraft zu gewinnen.

Christinnen und Christen schöpfen Zuversicht aus der Hoffnung auf Gott. Denn wir sind überzeugt, dass letztlich er die Welt und jedes einzelne Leben in Händen hält. Mit einiger Wahrscheinlichkeit weht ihnen in diesen Tagen kaum merklich ein Faden eines Spinnengewebes über das Gesicht. Nehmen sie das Kitzeln als einen zarten Hinweis, sich Zeit zu nehmen die eigene Stimmungslage zu sortieren und der Hoffnung Raum zu geben.