Krieg - nie wieder?

Pastor Wolfgang Miether

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von Pastor Wolfgang Miether


Als der Mensch unter den Trümmern seines bombardierten Hauses hervorgezogen wurde, schüttelte er sich und sagte: Nie wieder. Jedenfalls nicht gleich.

In diesem Gedicht hält der junge Günter Kunert Ende der 40er Jahre die Überzeugung fest: Krieg wollen wir nicht mehr erleben und ganz bestimmt nicht anfangen. Und vielen war auch klar: Ich möchte nie an einem Krieg beteiligt sein, nicht als Täter und nicht als Opfer. Aber der Dichter sieht ein Stück weiter und weiß: Die Haltung des Menschen kann sich wieder ändern.

Mehr als 80 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wissen wir, dass ein Krieg kein Problem löst, aber wir wissen auch, dass ein Land, das überfallen wird, das Recht hat, sich militärisch zu verteidigen, und dass es erwarten kann, von anderen Ländern unterstützt zu werden.

In Deutschland gehen die Meinungen auseinander, seit Russland vor einem halben Jahr die Ukraine angegriffen hat. Und wer sich nicht aus allem heraushält, der weiß: Die eindeutig gute und moralisch saubere Haltung gibt es nicht. Wer innerlich die Ukraine unterstützt, weiß, dass sie Waffen braucht, auch aus Deutschland; wer militärische Unterstützung ablehnt, lässt die Ukraine allein.

Mir hilft es, wenn ich mir das Dilemma klarmache und ehrlich mit mir selber bin. Ich kann nicht so eindeutig sein, wie ich es mir wünsche. Mein Gewissen ist gefordert und die Bereitschaft, mein Denken zu überprüfen. Worauf achte ich? Um wen geht es mir? Denke ich vor allem an mich, nehme ich die Perspektive der Täter ein, oder geht es mir um die Opfer?

Jesus gibt uns eine Richtung: Sieh auf die Schwachen, auf die, die Leid tragen. Und er sagt: Was ihr für einen meiner Mitmenschen tut, wer es auch sei, das tut ihr für mich. Der Blick auf die Opfer rückt einiges zurecht.