Sehnsucht

Pastorin Isabel Frey-Ranck

© Jürgen Schindler

von Pastorin Isabel Frey-Ranck


Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst, nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.

Mit diesen Worten beginnt ein Lied von Anne Quigley. Wer es singt, erlebt, wie der Durst nach Heilung, nach Nähe im Schmerz, nach Ganz-Sein spürbar wird. Vor allem durch die vielen Pausen in den Strophen, denn statt: „Um Frieden, um Freiheit, um Hoffnung bitten wir“ heißt es dort: „Um Frieden. Pause. Um Freiheit. Pause. Um Hoffnung bitten wir. Pause. In Sorge. Pause. Im Schmerz. Pause. Sei uns nahe, Gott.“

Pausen bergen ein Geheimnis. Sie eröffnen uns einen Raum, an dem wir sonst achtlos vorbeieilen bzw.-singen. Sicherlich kennen Sie das aus eigenem Erleben: Gerade in den Pausen, oft auch nachts, entfalten unsere Sehnsüchte ihre Kraft. Dann kommen Erinnerungen an verpasste Gelegenheiten hoch, an ungenutzte Möglichkeiten, schmerzhafte Situationen. Im Getriebe des Alltags gehen sie oft unter. Doch Pausenzeiten eröffnen uns einen Raum, durch den wir Zugang zu dem finden, worum es eigentlich in der Tiefe unseres Herzens wirklich geht.

In diesem Raum erfahren wir nicht nur uns selbst – sondern auch Gott und seine Sehnsucht nach uns. Denn er wohnt mit uns in diesem Sehnen und begegnet uns darin. Wer darauf achtet, kann erfahren, wie sich der Schmerz in Seiner Gegenwart verwandelt. Wie die Unruhe dem Frieden weicht, die Ungeduld schwindet und das Vertrauen wächst. So wird erfahrbar, was das Lied besingt: „Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst. Wir hoffen auf dich – sei da, sei uns nahe, Gott.“