Im Abteil zum Kirchentag: Vanessa und Swantje (links), Jonas und Robert (rechts)

Abfahrt zum Kirchentag

Im historischen Sonderzug sind Altholsteiner:innen zum Kirchentag nach Nürnberg aufgebrochen.

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Binja ist 6 Monate alt und am frühen Mittwochmorgen zum Evangelischen Kirchentag nach Nürnberg aufgebrochen: zusammen mit ihren Eltern sowie mit rund 130 überwiegend jungen Leuten aus Kiel, Neumünster und Bad Bramstedt. Dafür hat Björn Hattenbach, Referent im Jugendwerk des Kirchenkreises Altholstein, zusammen mit anderen einen historischen Sonderzug gechartert.

"Oh mein Gott, der ist ja aus der Steinzeit", meint eine junge Frau als die Wagen in den Kieler Hauptbahnhof einrollen. Das stimmt nicht ganz. Der Verein Historische Eisenbahnfahrzeuge Lübeck hat aus seinem Schuppen in Neumünster Waggons überwiegend aus den 1970er Jahren geholt und sie mit einer E-Lok gekuppelt. "Damit sind wir früher oft gefahren", erinnert sich ein älterer Teilnehmer. Er fläzt sich in einen breiten Abteilsitz mit für heutige Verhältnisse erstaunlich viel Beinfreiheit. Auf dem Kissen in seinem Rücken steht "1. Klasse."

Den Kieler Bahnhof verlässt der Sonderzug nach Nürnberg mit etwa anderthalb Stunden Verspätung. "Es gab leider eine Störung", erklärt Jugendreferent Björn Hattenbach. Der Stimmung unter den Teilnehmenden tut das überhaupt keinen Abbruch. Um die Zeit bis zur Abfahrt zu überbrücken, haben einige einen Bluetooth-Lautsprecher angeschmissen und mal eben im Bahnhof getanzt, zu Y.M.C.A von den Village People.

Im Bahnhof Neumünster steigt Swantje mit ihrer Schwester Vanessa ein. Nachnamen gibt es unter Kirchentagsfahrern nicht, alle sind sofort beim Du. "Meine Schwester meint, ich muss unbedingt mal mitkommen", erzählt Swantje. Die 32-Jährige ist er seit Kurzem Mitglied im Kirchengemeinderat von St. Johannes im Stadtteil Wittorf. Welche der rund 2000 Veranstaltungen sie auf dem Kirchentag in Nürnberg besuchen möchte, weiß sie noch nicht. "Ich lasse mich einfach mal überraschen", meint Swantje. Für ihre Schwester Vanessa ist es bereits der siebte Kirchentag. Sie freut sich schon auf die Konzerte, auf Bibelarbeit und Gottesdienste. "Die ganze Atmosphäre ist toll. An jeder Ecke der Stadt kann man etwas Neues entdecken", weiß die 28-Jährige Wittorferin. Mit den beiden Schwestern sitzt Jonas im Abteil, 16 Jahre alt und aus Bad Bramstedt. "Für mich ist es auch das erste Mal, und ich freue mich, viele Menschen kennenzulernen", sagt er. Da wird Jonas viel Auswahl haben: Zum 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag werden in Nürnberg rund 100.000 Besucherinnen und Besucher aus ganz Deutschland erwartet.

In welches Abteil des Sonderzuges man auch schaut: Alle sind gut drauf. "Im Zug kann man anders als im Bus hin- und herlaufen, sich treffen. Wir haben einen Bistrowagen, wo sich die Reisenden etwas zu essen holen können", zählt Jugendreferent Hattenbach einige der Gründe auf, weshalb er die Idee zum Sonderzug hatte. Wichtig sei für ihn auch der Klimaschutz, die Bahn fährt mit Ökostrom nach Nürnberg.

Nur auf den Bistrowagen allein wollten sich einige Reisende dann doch nicht verlassen. "Wir haben jede Menge Müsliriegel eingepackt", erzählen Swantje und Vanessa. Eine Teilnehmerin aus Kiel stöhnt leicht unter ihrem Verpflegungsrucksack. Ob sie gleich ein halbes Schwein zum Kirchentag mitnehme, will jemand wissen. "Nö, da ist Tofu drin", erwidert die junge Frau lachend.

Nach einem weiteren Halt in Hamburg fährt der Sonderzug dann mit insgesamt 300 Teilnehmern nonstop zum Eröffnungsgottesdienst nach Nürnberg. Der Kirchentag dauert dann bis zum kommenden Sonntag.

Jürgen Schindler,