© Stefanie Rasmussen-Brodersen

Altareinweihung und Bachkantate

Festgottesdienst am Ostermontag in St. Nikolai Kiel

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In einem musikalischen Festgottesdienst am Ostermontag, 1. April, um 10 Uhr feiert die Offene Kirche St. Nikolai in Kiel die Wiedereinweihung ihres Altars. Im Anschluss bittet die Kirchengemeinde zu einem Empfang.

Das Gerüst kommt weg, dann ist die Sicht auf den frisch renovierten Flügelaltar aus dem Jahr 1460 wieder frei. Länger als ein Jahr lang war Kiels ältester Kunstschatz verdeckt von Metall- und Holzkonstruktionen, Folien und Arbeitsgeräten, Teile waren sogar ausgelagert. „Die Gemeinde freut sich sehr, dass die Arbeiten so gut wie abgeschlossen sind, viele Leute haben Anteil genommen an den Fortschritten“, erzählt Pastorin Charlotte Hartwig. Ihre Kollegin Maren Schmidt ergänzt: „Menschen hängen daran, verbinden Lebensereignisse wie Hochzeiten und Taufen mit diesem Altar.“ Großzügige Spenderinnen und Spender hatten eine Patenschaft für die Restaurierung einzelner Darstellungen übernommen. Der mittelalterliche Kieler Altar mit Bildern aus Marien-, Josephs- und Erzvätergeschichten, dessen Schöpfer nicht genau bekannt ist, ist über die Grenzen der Landeshauptstadt bekannt. Kunstinteressierte, Konzertbesucher, aber auch Kreuzfahrttouristen besuchen die Offene Kirche St. Nikolai, rund 190.000 Menschen jährlich.

Und genau da lag das Problem. Feuchtigkeit durch hunderte Besucher bei Konzerten, kalte Zugluft durch die Chorfenster und dann wieder trockene Heizungsluft: Das wechselnde Raumklima in der Kirche hatte dem „Erzväteraltar“ zu schaffen gemacht. Holz verzog sich, Farbe blätterte ab. Im Jahr 2018 waren die Schäden so schlimm, dass Diplomrestaurator Markus Freitag Farbstellen mit sogenanntem Japanpapier fixieren musste. „Eine Restaurierung ohne bauliche Veränderungen drumherum machte aber keinen Sinn“, erinnert sich Pastorin Maren Schmidt. Also wurde der Altar zunächst dicht „eingehaust“, ein Raumklimakonzept erstellt, nach Finanzierungsmöglichkeiten gesucht und schließlich die Umbaumaßnahmen gestartet. Erneuerte Chorfenster, ein neu durchdachtes Heizsystem und ein sogenannter Luftvorhang, der den Altarraum klimatisch stabilisiert. Diese Baumaßnahmen haben rund 1,6 Millionen Euro gekostet. Mehr als 400.000 Euro kamen durch Spenden zusammen, 635.000 Euro aus Fördermitteln von Bund und Stiftungen, dazu kamen Mittel des Ev.-Luth. Kirchenkreises Altholstein.

Ein halbes Jahr lang blieb St. Nikolai komplett für Besucher geschlossen, wurde erst zum Reformationstag 2023 wieder geöffnet. Der Altar allerdings brauchte noch etwas Extra-Zuwendung, blieb zur Feier damals eingerüstet.

Seit Herbst letzten Jahres arbeiten die Restauratoren Markus Freitag und Dorothee Simmert vor Ort, oft unter den Augen und den Fragen interessierter Zuschauer. „Da gab es Leute, die Spender waren und aus Itzehoe gekommen sind, bis zu Obdachlosen, die sich in der Kirche einen Kaffee geholt haben“, erinnert sich Freitag, der auch schon mal bäuchlings auf dem Gerüst liegend mit seinem winzigen Pinsel Farbfehlstellen ausbesserte. „Von einfachen Fragen bis zum Fachgespräch war alles dabei.“ Schon zuvor hatten er und seine Kollegin Dorothee Simmert in ihren Atelier an ausgebauten Teilen des Erzväteraltars gearbeitet. „Das Faszinierende an der Restaurierung eines solchen Stücks ist, dass man den Originalkünstlern gefühlt fast über die Schulter schaut, wie sie das geschaffen haben“, sagt Simmert. Beide versprechen: „Bei stabilem und geeignetem Raumklima hält die Restauration die nächsten 50 Jahre.“

Jetzt wird die Wiedereinweihung des prächtigen Flügelaltars, der je nach Zeit im Kirchenjahr auf- oder zugeklappt wird, erst einmal gefeiert. Und zwar mit einem musikalischen Festgottesdienst am Ostermontag.

Nichts weniger als „ein wahres Meisterwerk des jungen J. S. Bach“ erklingt dazu in der Nikolaikirche, verspricht Kirchenmusikdirektor Volkmar Zehner und meint damit die Kantate Nr. 4 „Christ lag in Todesbanden“. Deren Text basiert auf dem Osterlied von Martin Luther. „Diese gesungene Predigt hatten damals schon viele vertont“, erklärt Zehner, „aber der junge Bach erschuf mit seiner Version Anfang des 18. Jahrhunderts etwas ganz Besonderes“. Den Gesang in der Aufführung übernehmen der SanktNikolaiChor und Vokalsolisten, es spielt das Barockorchester Ensemble 158.

Stefanie Rasmussen-Brodersen,