Michael Birgden
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Michael Birgden, Kommunikationsdirektor der Nordkirche

Kirche und Soziale Medien

Rund 100 Gäste setzten sich beim Altholsteiner Jahresempfang mit den neuen Medien auseinander.

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Rund 100 Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft sind am Mittwochabend der Einladung des Ev.-Luth. Kirchenkreises Altholstein in die Bordesholmer Klosterkirche gefolgt. Synodenpräses Michael Rapp konnte unter anderem Serpil Midyatli, Vorsitzende der SPD im Land, begrüßen, den Oberbürgermeister von Neumünster Tobias Bergmann und den Kieler Stadtrat Gerwin Stöcken.

Im Mittelpunkt des Abends stand das Verhältnis zwischen der Kirche und den Sozialen Medien, wie TikTok oder Instagram. Gerade TikTok ist für viele noch Neuland. Deshalb griffen sich an diesem Abend die Pröpste Almut Witt aus Kiel und Stefan Block aus Neumünster sowie Synodenpräses Michael Rapp die Liederzeile "Vertraut den neuen Wegen" als Überschrift für ihre Wortbeiträge heraus. "Ich höre oft, dass Menschen uns als Kirche nicht zutrauen, neue Wege zu gehen, Ungewohntes zu wagen oder Überraschendes auszuprobieren", stellte Pröpstin Witt fest. In ihrer Rede vor den Gästen des Jahresempfanges beschrieb sie den Spagat, dass stetige Veränderung und Erneuerung einerseits wichtig und gut seien, viele Menschen andererseits Beständigkeit und die Bewahrung von Traditionen erwarteten.

Keinen Zweifel daran, dass sich Kirche in den Sozialen Netzwerken widerspiegeln muss, ließ Propst Block in seiner geistlichen Ansprache in der Klosterkirche. "Das ist keine Frage des Ob, sondern des Wie", erklärte der Neumünsteraner Theologe. Der christliche Glaube sei von jeher eine "mediale Religion", so wie sich auch Martin Luther des aufkommenden Buchdrucks als damals neues Medium bediente. Block betonte: "Sozusagen von den Steintafeln des Mose, über die Schriftrollen der Antike und den Predigtpostillen des 19. Jahrhunderts führt unser Weg ziemlich direkt hin zu TikTok, Instagram und Co."

Expertise zum Thema "Kirche und Soziale Medien" hatte sich der Kirchenkreis Altholstein in Gestalt von Michael Birgden nach Bordesholm geholt. Der Kommunikationsdirektor der Nordkirche verdeutlichte an beispielhaften Posts aus verschiedenen Plattformen, dass dort Religion und Glauben heute bereits eine beträchtliche Rolle spielen. Auch wenn rappende US-Pastoren oder ethische Welterklärer auf TikTok teilweise Befremden bei den Gästen des Jahresempfanges auslösten, so lautete Birgends Fazit an diesem Abend: "Wir brauchen auch als Kirche radikale Freiräume uns in den Sozialen Medien auszuprobieren. Und wir müssen viel mehr von unseren Mitgliedern und ihren Themenwünschen an uns wissen und diese ernst nehmen."

Ein Projekt aus der Praxis präsentierte Johannes Ahrens den Gästen des Jahresempfanges. Der Flensburger Stadtpastor hat mit einem Team einen evangelischen WhatsApp-Kanal geschaffen. Dort werden Anfragen in kürzester Zeit auf das Smartphone beantwortet. "Mal erkundigt sich ein Paar nach der kirchlichen Trauung. Dann ist die Oma verstorben, und das Enkelkind fragt ständig, wann die Familie sie wieder besucht. Oder ein Mann um die 40 hat noch nie eine Kirche betreten und traut sich nicht hinein", nannte Ahrens drei Beispiele. Das Team sehe sich mit Dingen konfrontiert, die sich Menschen im wirklichen Leben sich nicht zu fragen trauten oder die nicht den Weg in eine Kirchengemeinde fänden. "Das ist eine große Chance für uns", zeigte sich der Seelsorger überzeugt.

Auch die Musik an diesem Abend hatte etwas von neuen Medien. Der Kieler Daniel Hoppenstedt nutzte seine Stimme, eine Gitarre und eine Loopstation, um alleine ganze Bandsounds zu erschaffen und so Popsongs neu zu interpretieren.

Ganz analog ging es hingegen im zweiten Teil des Jahresempfanges zu. Die Gäste tauschten sich bei Getränken und Fingerfood aus und die Referenten des Abends wurden nicht müde, weitere Fragen zu beantworten.

Jürgen Schindler,