Hans-Gerrit Claussen, Maren Schmidt, Ulrich Stephani (v. l.)
© Jürgen Schindler
Hans-Gerrit Claussen, Maren Schmidt und Ulrich Stephani (v. l.)

Wieder zu Hause

Die Kieler St. Nikolaikirche öffnet wieder nach Umbau

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„Die Leute sind in den Vorraum geströmt und waren dann enttäuscht, dass sie nicht in die Kirche hinein konnten“, sagt Hans-Gerrit Claussen. Geduldig hat er immer und immer wieder erklärt: Die Kieler St. Nikolaikirche ist seit Ostern 2023 wegen Umbau geschlossen. Claussen gehört nämlich zum Team aus Ehrenamtlichen, das täglich die Gäste im ältesten Gotteshaus der Stadt willkommen heißt. Nun hat Claussen eine neue Botschaft: Am Reformationstag, 31. Oktober, feiert St. Nikolai mit einem festlichen Gottesdienst um 10 Uhr seine Wiedereröffnung.

So wirklich ins Auge springen die Veränderungen dem Kirchenbesucher jedoch nicht. Dabei hat es bei den Bauarbeiten in den zurückliegenden Monaten mächtig gestaubt. Der Fußboden war von Gräben durchzogen, die Orgel dick eingepackt und überall wuselten Handwerker. Statt einer pustigen Umlaufheizung wärmen nun entlang der Kirchenbänke verlaufende Rohre die Füße der Gottesdienstbesucher. „Die Leute haben zuerst sparsam geguckt und gemeint, das wäre ja Luxus“, erzählt Claussen. „Als ich ihnen dann gesagt habe, dass das energiesparend ist und den Hintergrund erläutert habe, fanden sie es wieder gut.“

Und der Hintergrund ist folgender: Die Kunstschätze der St. Nikolaikirche konnten sich mit dem bisherigen Raumklima überhaupt nicht arrangieren. Das Holz des wertvollen Klappaltars aus dem 15. Jahrhundert zog sich zusammen, die Farben verblassten oder blätterten gleich ganz ab. Schnell war klar: Mit ein bisschen Ausbessern war es nicht getan. Auf der einen Seite setzte dem Altar der eisige Ostwind zu, der durch die hohen Fenster drang. Beim Umbau wurden sie abgedichtet und zusätzlich mit einer Beschichtung versehen, die schädliche UV-Strahlung zurückhält. Ein sogenannter Luftschleier trennt nun unsichtbar den Altarraum vom Rest der Kirche und schafft dadurch zwei unterschiedliche Klimazonen. „So hat der Altar permanent die Luftverhältnisse, die er braucht und die Besucherinnen und Besucher müssen nicht frieren“, berichtet Pastorin Maren Schmidt.

Schmidt hat den Umbau von Anfang an begleitet und immer wieder gezittert: Lässt sich die Finanzierung von insgesamt 1,4 Millionen Euro stemmen? Wird der Zeitplan eingehalten? „So ein Umbau ist nichts für schwache Nerven, aber jetzt freue ich mich wie Bolle auf die Wiedereröffnung“, strahlt die Pastorin. Und Ulrich Stephani, Mitglied des Kirchengemeinderates von St. Nikolai, pflichtet ihr bei: „Architekt, Bauleitung, Handwerker: Es sind die richtigen Leute hier zusammen gekommen. Da war Koordination, Zuverlässigkeit und Vertrauen.“

Solange die St. Nikolaikirche wegen der Arbeiten geschlossen war, feierte man mit der Nachbargemeinde Heiligengeist gemeinsam Gottesdienste in der Ansgar- und Pauluskirche. „Exil“ nennt Stephani diese Zeit, eine total schöne Erfahrung sei das gewesen, meint Schmidt. „Aber jetzt ist das so, als ob man aus einem langen Urlaub wieder nach Hause kommt“, sind sich beide einig.

Und doch werden viele Besucher bei der Wiedereröffnung von St. Nikolai am Reformationstag stutzen: Der Altar steht da wie ein Gerippe, die Reliefs befinden sich noch in der Werkstatt des Restaurators. Das ist durchaus so geplant. Stephani bekräftigt: „Ich habe keinen Zweifel, dass auch der Altar pünktlich zu Ostern 2024 fertig sein wird.“

Die Offene Kirche St. Nikolai zählt jedes Jahr rund 190.000 Besucher, sowohl Kieler als auch Touristen. An sieben Tagen der Woche ist sie ein Ort für Gebet, Musik, Begegnung und Soziale Hilfe. Den Umbau und die Restaurierung des Altars machten private Spenden, Stiftungen und Förderungen sowie Gelder von Kirchengemeinde St. Nikolai und Ev.-Luth. Kirchenkreis Altholstein möglich.

Jürgen Schindler,