Joachim Thieme-Hachmann, Almut Witt
© Jürgen Schindler

Kirche klärt sexuellen Missbrauch auf

Der Leiter einer Jugendfreizeit soll im Sommer 1972 einen Jungen sexuell missbraucht haben.

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Im Sommer 1972 ist es bei einer Freizeit der Kirchengemeinde Heikendorf offensichtlich zu sexuellem Missbrauch gekommen. Nun möchte die Kirchengemeinde gemeinsam mit dem Ev.-Luth. Kirchenkreis Altholstein die Ereignisse vor 50 Jahren lückenlos aufklären und sucht deshalb Zeugen.

Es sollten drei unbeschwerte Wochen werden. In den Sommerferien, am 14. Juli 1972, machte sich eine Gruppe aus Heikendorf auf den Weg in ein Freizeitheim in der Nähe von Bremen. Es waren Jungen im Alter von 10 bis 14 Jahren. "Wir wissen heute mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass sich ein ehrenamtlicher Betreuer an einem 10 Jahre alten Jungen sexuell vergangen hat", berichtet Joachim Thieme-Hachmann, Pastor der Kirchengemeinde Heikendorf. Denn einer der Teilnehmer von damals hat sich hilfesuchend an die Nordkirche gewandt. "Wir haben mehrere, intensive Gespräche mit ihm geführt, und was er sagt, ist glaubwürdig", bestätigt Almut Witt, Pröpstin des Ev.-Luth. Kirchenkreises Altholstein mit Sitz in Kiel.

Umgehend haben Kirchengemeinde und Kirchenkreis einen sogenannten Beratungsstab gebildet, zusammengesetzt aus Menschen unterschiedlicher Professionen und Kompetenzen. "Wir haben alles getan, was wir konnten, um die Ereignisse im Sommer 1972 zu rekonstruieren", bekräftigt Witt. "Allerdings sind in den Archiven praktisch keine Unterlagen mehr aus dieser Zeit vorhanden. Die Menschen, die damals im Kirchenvorstand Verantwortung getragen haben, sind längst verstorben." Erhalten geblieben ist jedoch eine Teilnehmerliste der Sommerfreizeit. Von acht der vierzehn Jungen konnte die aktuelle Anschrift ausfindig gemacht werden. "Diese Teilnehmer erhalten dieser Tage einen gemeinsamen Brief von uns. Darin bitten wir sie, uns als Zeugen alles mitzuteilen, was zur Aufklärung der Ereignisse vor 50 Jahren beitragen könnte," erklärt die leitende Geistliche.

"Wir sichern jedem der sich an uns wendet, unsere volle Unterstützung und Hilfe zu. Das ist heute unsere Verantwortung", betont auch Pastor Joachim Thieme-Hachmann. "Wenn Sie etwas wissen, wenn Sie sich vertrauensvoll an uns oder an eine Meldestelle der Nordkirche", ergänzt Pröpstin Almut Witt.

Gegen den mutmaßlichen Täter hat die Kirchengemeinde Heikendorf Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht Kiel gestellt. "Er hat diese Sommerfreizeit geleitet, vermutlich ein Pädagogikstudent, der sich zwei Jahre lang ehrenamtlich in der Kirchengemeinde engagiert hat", erläutert Witt. Danach verliert sich seine Spur. Klar geht aus den Unterlagen hervor, dass der mutmaßliche Täter noch im Laufe des Jahres 1972 die Kirchengemeinde endgültig verlassen hat.

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